Im November 2019 hatte der Bundesrat der Reform der Grundsteuer abschließend zugestimmt. Die Länder sind nun aufgefordert, die neue Regelung umzusetzen. Möglich sind dabei verschiedene Modelle - die Länder können sich für das wertbasierte Bundesmodell oder für eine eigene Berechnungsmethode entscheiden. Ein wichtiger Parameter bei der Berechnung der Grundsteuer bleibt jedoch weiterhin die Fläche eines Grundstücks.
Und hier liegt die Besonderheit; denn jedes Grundstück, das im Liegenschaftskataster nachgewiesen wird, hat zwei Angaben der Flächengröße: erstens die amtliche Fläche, die im Grundbuch geführt wird, und zweitens die geometrische Fläche, die zusätzlich aus dem Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) abgeleitet werden kann. Beide Angaben der Flächengröße stimmen nicht immer überein.
Bisher erfolgte die Verbesserung der Flächenangaben anlassbezogen, also z. B. bei einer in Auftrag gegebenen Teilungsvermessung. Im Zuge der bevorstehenden Neubewertung hat das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW) per Erlass bestimmt, mit der systematischen Bearbeitung der Flächendifferenzen in Hessen zu beginnen.
Dies erfolgt landesweit seit dem 1. Mai 2018. Hierbei werden die Differenzen der Flächenangaben zwischen der amtlichen Fläche und der geometrischen Fläche eines Grundstücks erhoben und nach festgelegten Kriterien überprüft. Ergeben sich Abweichungen, die einen genau bestimmten Grenzwert überschreiten, führt dies zu einer Flächenberichtigung im Liegenschaftskataster und im Grundbuch.
Es sei hier zunächst schon einmal festgehalten, dass sich dadurch die Grenzen in der Örtlichkeit nicht ändern.
Amtliche Fläche – Geometrische Fläche
Es gibt zum einen die amtliche Flächenangabe, die nach den unterschiedlichsten Bestimmungsmethoden erhoben wurde und heute im Grundbuch eingetragen ist. Und es gibt die geometrische Flächenangabe, die heutzutage mit den neuesten Mess- und Berechnungsmethoden bestimmt wird. Maßgebend für ihre Genauigkeit ist die Genauigkeit der Grenzpunkt-Koordinaten.
Amtliche Fläche
Die Einrichtung des Katasters vor ca. 200 Jahren hatte seinen Ursprung in der Absicht, ein Register für die Erhebung einer gerechten Steuer aufzustellen (Steuerkataster). Es begründete sich auf der einen Seite durch Katastervermessung (Zahlen), auf der anderen Seite aber auch durch das „einfache“ Abzeichnen von bereits vorliegenden Karten (grafische Grundlage). Aufgrund dieser zusammengetragenen Daten wurden anschließend die Flächen ermittelt. Die Ermittlung der Flächenangaben erfolgte also durch Berechnung von gemessenen Maßzahlen oder durch grafische Aufbereitung.
Daneben wurden sogenannte Stockbücher angelegt, in denen Verkäufe oder Belastungen von Grundstücken dokumentiert wurden.
Übernahme ins Grundbuch
Mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Grundbücher eingerichtet. Dazu wurden die Flächen u. a. auch aus dem Steuerkataster und den sogenannten Stockbüchern übernommen. Es ist festzuhalten, dass die Qualität der damals übernommenen Daten in vielen Fällen nicht bekannt ist.
Die Flächenangabe ist daher nur eine beschreibende Angabe des jeweiligen Flurstücks. Beschreibende Angaben nehmen nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil; d. h. sie sind widerlegbar durch genauere Angaben. Die Flächenangaben – mit allen Änderungen, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben – sind im Grundbuch bis heute nachgewiesen. Die jeweilige Flächenangabe ist die amtliche Fläche.
Geometrische Fläche
Seit einiger Zeit helfen verbesserte Mess- und Auswertetechniken dabei, Flächen exakter zu berechnen. Dies erfolgt u. a. bei der Neuvermessung von Flurstücken. Dabei entsteht die jeweilige geometrische Fläche.
Weist diese Differenzen gegenüber der amtlichen Fläche auf, wird geprüft, ob die neu ermittelten Werte eine Verbesserung der bisherigen Flächenangabe darstellen. Ist das zu bejahen, ist sie anschließend ins Liegenschaftskataster und in das Grundbuch zu übernehmen.
Aufgrund der genaueren Berechnungsmöglichkeiten ist es auch möglich, dass ein Flurstück, das nicht Gegenstand einer Neuvermessung war, durch die Ermittlung genauerer Koordinaten in seiner unmittelbaren Umgebung von einer Flächendifferenz betroffen ist.
Aufgaben der Hessischen Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation (HVBG)
Die Qualitätsverbesserung der Liegenschaftsdaten gehört zu den Kernaufgaben der HVBG. Sie ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Genauigkeit des Liegenschaftskatasters bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu verbessern; dazu gehört auch die genauere und zuverlässigere Ermittlung der Flächenangaben.
Anlässlich der Grundsteuerreform und des sich darauf begründenden Erlasses des HMWEVW erfolgt die Auswertung der Flächendifferenzen landesweit und systematisch. Geprüft wird, ob Differenzen zwischen der amtlichen und geometrischen Fläche bestehen, ob dabei zulässige Toleranzen überschritten werden und wie ggf. die Flächenangaben zu berichtigen sind.
Durch die Flächenberichtigung hat sich das Grundstück in seiner Form und in der Örtlichkeit nicht verändert. Es ist lediglich exakter als früher berechnet.