Verfahrensgebiet
Die im westlichen Odenwald gelegene Gemarkung Unter-Ostern ist Ortsteil der Gemeinde Reichelsheim und im Regionalplan Südhessen, wie der gesamte Odenwaldkreis, dem „ländlichen Raum“ zugeordnet. Als langgestrecktes Reihendorf nimmt sie den unteren Verlauf des Osterbachtales ein.
Wie viele Gemarkungen des Odenwaldes ist auch Unter-Ostern dem Siedlungstypus des Waldhubendorfes zuzurechnen. Im Zuge der mittelalterlichen Urbarmachungspolitik wurde das Gebiet quer zum Verlauf des Osterbachtales in schmale Eigentumsstreifen aufgeteilt, die bis zu den bewaldeten Höhen am Gemarkungsrand hinaufreichen. Entlang des Höfe verbindenden schmalen Talweges (der heutigen Landesstraße 3105) gesellten sich zu den weit auseinander liegenden großen Höfen im Laufe der Zeit Kleingehöfte.
Die entlang des Formbachtales errichtete Ferienhaussiedlung - inzwischen in Wohnungseigentumumgewandelt - hat die landwirtschaftlich geprägte, reizvolle Dorfstruktur beeinträchtigt. Die Bevölkerungszahl hat sich durch Zuzüge in die Siedlung am Leonhardsberg (Haupt- und Nebenwohnsitz) in den letzten Jahren auf 470 erhöht.
Die Landesstraße L 3105 sorgt heute für die Anbindung an das übergeordnete Straßennetz (B47/B 38 Reichelsheim - Reinheim; B 460 Fürth - Beerfelden; Wald-Michelbach). Im Ortsbereich münden die überörtlichen Verbindungen nach Michelstadt (K 51, K 50) und Weschnitz (K 52) in die Landesstraße ein. Das Verfahrensgebiet mit einer Fläche von 458 ha erstreckt sich über die gesamte Gemarkung abzüglich der Siedlung am Leonhardsberg sowie der in benachbarte Flurbereinigungsverfahren einbezogenen Randflächen.
Reichelsheim mit seinen Ortsteilen liegt in der Mitte des Naturparks Odenwald. Die Nibelungenstraße (B 47), die von Worms über Bensheim kommt, durchzieht das Gemeindegebiet vom Gumpener Kreuz aus nach Norden und biegt dann in Gersprenz nach Osten in Richtung Michelstadt und Erbach ab. Vom Gumpener Kreuz läuft sie zusammen mit der Bundesstraße 38, die von Weinheim kommt und nach Reinheim weiterführt. In Frohnhofen zweigt eine Straße durch das Ostertal nach Weschnitz ab.
Der von Grünland geprägte Ortsteil Unter-Ostern ist neben der Landwirtschaft durch den Wandertourismus charakterisiert. Unter-Ostern grenzt im Norden an die Gemarkungen Frohnhofen, Bockenrod und Kirch-Beerfurth, im Westen an Groß-Gumpen, im Süden an Ober-Ostern, Erzbach und Rohrbach sowie im Osten an Ober-Mossau.
Reichelsheim gehört zur Planungsregion Südhessen.
Verfahrensdaten
Verfahrensart | Flurbereinigung nach § 86 FlurbG |
Verfahrensgröße | ca. 458 ha |
Anzahl der Beteiligten | ca. 300 |
Anzahl der Flurstücke | ca. 1000 |
Beteiligte Gemeinde/Stadt | Gemeinde Reichelsheim |
Beteiligte Gemarkungen | Unter-Ostern |
Finanzierung
Die Finanzierung in der Flurbereinigung gliedert sich in Verfahrenskosten und Ausführungskosten.
Die Verfahrenskosten sind die persönlichen und sächlichen Kosten der Behördenorganisation, wie Personal, Sachverständige, Artenschutzgutachten etc. Diese Kosten trägt das Land Hessen in voller Höhe.
Ausführungskosten sind die Aufwendungen für die Ausführung der Verfahren, die im Regelfall von der Teilnehmergemeinschaft getragen werden.
Ausführungskosten entstehen u.a. durch: Wegebau, Gewässergestaltung, Landschaftspflege, Bodenverbesserung, landwirtschaftliche Gemeinschaftsanlagen, Vermessung des neuen Grundeigentums oder Verwaltungsaufgaben der Teilnehmergemeinschaft.
Die öffentlichen Hände beteiligen sich mit einem allgemeinen Zuschuss bis zu 75% an den förderfähigen Ausführungskosten.
Die Ausführungskosten werden gefördert über:
Nationale Förderung des Bundes und des Landes Hessen durch Bezuschussung der Teilnehmergemeinschaften.
Zuschüsse der Europäischen Union (EU)
In dem Verfahren ist der Ausführungsplan und Kostenvoranschlag (ApKv) mit einem Volumen von 940.000 € als Ausführungskosten genehmigt worden.
Ziele des Verfahrens
Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten bereits in mehreren Gemarkungen der Gemeinde Reichelsheim Flurbereinigungsverfahren eingeleitet wurden, um die Stärkung des ländlichen Raums mit den geeigneten Werkzeugen, die das Flurbereinigungsgesetz bereitstellt, voranzutreiben, wurde auch in der Gemarkung Unter-Ostern mit Beschluss vom 30.10.2003 die Flurbereinigung angeordnet.
Aufgrund der Bedeutung der Rhein-Main und Rhein-Neckar Regionen, bedingt durch ihre hohe Wirtschaftskraft und ihre dichte Besiedlung, gewinnen auch die Gemeinden des nahegelegenen Odenwaldkreises in ihrer ausgleichenden Wirkung an Bedeutung für den südhessischen Raum. Verfahren in diesem Gebiet sollten dementsprechend grundsätzlich das Ziel verfolgen, die ökologische Ausgleichsfunktion der Region zu stärken, die Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten auszubauen, die Landwirtschaft zu unterstützen, um eine langfristige Bewirtschaftung der Flächen zu gewährleisten, sowie eine nachhaltige Verbesserung der Lebensverhältnisse in der jeweiligen Gemarkung
zu erreichen und somit den Urbanisierungsdruck zu mildern.
Bei allen Bemühungen, diese Ziele möglichst umfassend zu erreichen, hat eine Abwägung der einzelnen Interessen sowie eine gezielte Schwerpunktsetzung in der Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel zu erfolgen.
Das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren wird gemäß § 86, Abs. 1, Nr. 4 FlurbG durchgeführt, um eine erforderliche Neuordnung des Grundbesitzes durchzuführen. Es soll zur langfristigen Erhaltung und Pflege der typischen Odenwälder Kulturlandschaft beitragen und dabei die Infrastruktur der Gemarkung und die Wettbewerbsfähigkeit der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe verbessern.
Zur Verbesserung der Erschließung der land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke soll das vorhandene Wegenetz ergänzt und dem Bedarf entsprechend ausgebaut werden. Die Nachteile für die allgemeine Landeskultur, die durch den Ausbau von land- und forstwirtschaftlichen Wegen entstanden sind, sollen beseitigt werden; insbesondere sollen das Eigentum und die Unterhaltung der Wege öffentlich-rechtlich geregelt und in die Obhut der Gemeinde Reichelsheim überführt werden. Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie Maßnahmen zum Schutz der Gewässer sollen gefördert werden. Eine Neuordnung des Grundbesitzes soll in den Bereichen mit Besitzzersplitterung durchgeführt werden.
Da Unter-Ostern eine Gemeinde kleineren Umfangs ist, wird die Ortslage mit in das Verfahrensgebiet einbezogen. Insgesamt sollen alle Maßnahmen dazu dienen, die Agrarstruktur zu verbessern, Nutzungskonflikten vorzubeugen, die Voraussetzungen zu schaffen, um die Kulturlandschaft zu erhalten und damit der nachhaltigen Entwicklung des Raumes dienen.